Mythos Trageerschöpfung

183:887437853 • Apr. 05, 2023

5 Mythen der Trageerschöpfung - das solltest du wissen:


In diesem Artikel habe ich mir 5 Mythen über die Trageerschöpfung zur Brust genommen und versuche etwas Licht ins dunkle zu bringen, damit du deinem Pferd wirklich helfen kannst aus dem Kreislauf raus zu kommen, oder eben gar nicht erst hinein zu geraten!


💡 In meinem Online Kurs KRAFTT-Konzept, der Online Tragekurs für Freizeitpferde lernst du, wie du der Trageerschöpfung optimal entgegenwirken kannst.

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Mythos 1

Der Reiter ist schuld an der Trageerschöpfung seines Pferdes

Aber wie kommt es dann, dass auch ungerittene Pferde Anzeichen einer Trageerschöpfung zeigen können? 


Zunächst mal ist es wichtig zu verstehen, dass sich der Begriff „Trageerschöpfung“ gar nicht auf das Tragen eines Reiters bezieht, sondern auf das Tragen des eigenen Rumpfes. 


Also des Brustkorbs, des Bauches und den ganzen Organen die darin wohnen. 


Selbst ein Pferd, welches noch nie einen Reiter tragen musste, kann also „erschöpft“ vom Tragen des eigenen Rumpfes sein


Das bedeutet dann, dass dein Körper Anzeichen dafür zeigt, dass die Rumpfmuskulatur nicht in ihrer Optimalen Funktion ist. Das zeigt sich zum Beispiel durch Verspannungen und Schmerzen, dadurch, dass das Pferd beginnt, Rückständig zu stehen oder auch darin, dass das Pferd anfängt das Becken im Stand abzukippen und die Hinterbeine unter den Körper zu schieben. Oder auch darin, dass die Brust immer enger wird, oder dass die Bewegungen hölzener und ungeschmeidig werden. Manchmal „schrumpfen“ die Pferde auch etwas in ihrem Stockmaß oder wirken überbaut. 


All das sind Anzeichen einer Trageerschöfpung.


Das muss aber nicht die Ursache im Reiten haben. Ebenfalls dazu führt z.B. 


  • eine Trächtigkeit,
  • zu viel rumstehen
  • zu wenig Bewegungsvarianz
  • zu gleiche Bodenarbeit
  • longieren vor dem Anreiten und bevor das Pferd Rumpfträgerkompetenz hat
  • ungünstige Futterpositionen und 
  • ungünstige Fütterung (Magen- Darmschmerzen können zu einer ungünstigen Körperhaltung führen, die wiederum zur Trageerschöpfung führt) und manchmal ist es sogar schlicht und einfach 
  • die Zucht die der Trageerschöpfung in die Karten spielt

All diese Dinge müssen wir als Freizeitreiter so gut wie möglich managen und dagegen an arbeiten. Und dann haben wir noch nicht eine Minute im Sattel verbracht. 😉


➡ Wenn wir dann das Pferd auch noch nutzen wollen, und zwar für etwas wofür es von Haus aus eigentlich gar nicht geeignet ist (tragen) dann müssen wir unsere Hausaufgaben machen und genau überlegen, wie wir das Pferd dazu befähigen das auch auf die Reihe zu bekommen, ohne den mehr oder weniger natürlichen Prozess der Trageerschöpfung zu beschleunigen. 


Wenn du jetzt einen Schuldigen haben willst – kann ich dir sagen: Schuld an der Trageerschöpfung ist die Schwerkraft. 


Allerdings zugegebenermaßen – Reiten auf einem nicht tragfähigen Pferd beschleunigt diesen Effekt ungemein. Und das wird leider häufig gemacht. Unwissentlich, denn keiner gibt absichtlich Brandbeschleuniger anstatt Löschwasser in ein brennendes Fachwerkhaus. Oder? 


Deswegen lernen die Teilnehmer meines Online-Kurses auch, was sie ihren Pferden beibringen müssen, damit sich aus diesem Teufelskreis herauskommen können. 


Meine Kursteilnehmer lernen sozusagen genau Löschwasser von Brandbeschleuniger zu unterscheiden und können nach Abschluss des Kurses Bewegungen für ihr Pferd auswählen, die der Trageerschöpfung wirklich entgegen wirken.


Mythos 2

 Trageerschöpfung ist eine Erkrankung

Meiner Meinung nach ist die Trageerschöpfung gar keine eigenständige Krankheit, sondern mehr ein Symptom, welches viele Erkrankungen nach sich zieht. 


So sehe ich zum Beispiel einen deutlichen Zusammenhang zwischen Atemwegserkrankungen, Sehnenschäden, Arthrosen wie Spat, Schale, Kissing Spines, Gelenksentzündungen und der Trageerschöpfung.

 

Um nur zwei kurze Beispiele herauszupicken


📌 Bei der Trageerschöpfung haben wir es zumindest im fortgeschrittenen Stadium damit zu tun, dass der Brustkorb abgesackt ist, oder zumindest ein wenig „hängt“. 


Das hat zur Folge, das wichtige Strukturen, die auch die Atmung beeinflussen verspannt und damit beeinträchtigt sind. Die Pferde atmen nicht mehr tief und langsam in die Lunge, sondern schnell und flach. Und daraus resultiert eine Atemwegserkrankung, die natürlich allein mit Schleimlösern und Allergietherapie nicht in den Griff zu bekommen ist. 


Die Trageerschöpfung verschlimmert die Atemwegsproblematik also. Manchmal macht die Trageerschöpfung die Atemprobleme therapie-Resistent und manchmal sehe ich sie sogar als Auslöser für den Husten. 


Daher therapiere ich die Pferde hier bei mir in der Reha auch immer ganzheitlich. Da ist sowohl die Allergietherapie mit Hilfe von Akupunktur, Laser und Inhalation ein Thema. Zusätzlich arbeite ich aber auch immer an den tiefliegenden Rumpf-Strukturen und verbessere durch gezielte Bewegungsschulung und -therapie den gesamten Rumpftrageapparat


📌 Ein anderes Beispiel wäre ein Sehnenschaden. In den seltensten Fällen ist das nämlich ein echtes Trauma. Meistens ist der Schaden, der durch das obligatorische Loch oder das Wegrutschen entstanden ist, eher ein Problem was schon lange unter der Oberfläche schwelt und erst durch einen kleinen Vorfalls sichtbar wurde. 


So kann eine Sehen z.B massiv vorgeschädigt sein, weil die Rumpfträger über Jahre verspannten und so ihre eigentliche Funktion der Stoßdämpfung nicht mehr ausführen konnten


So wird das Sehnengewebe ganz still und heimlich geschädigt, und keiner merkt es, bis da dieses Loch auftaucht, was das Fass zum Überlaufen bringt. 


👉 Die Trageerschöpfung ist also das erste Symptom von sehr, sehr vielen mitunter auch sehr schwerwiegenden Erkrankungen. Und ich kann jeden Freizeitreiter nur raten, wenn du die ersten Anzeichen für Trageerschöpfung siehst, dann steig ab und arbeite an der Basis. 


Arbeite daran, dass dein Pferd lernt, wie es sich der Schwerkraft widersetzen kann. (Du weißt ja, die blöde Kuh ist schuld an so einigem – auch daran, dass das runterfallen oft so unangenehm ist 😉)


Mythos 3

Bei Trageerschöpfung brauchst du einen Osteopathen / Physiotherapeuten

Ach, ich wünschte es wäre so einfach, ein paar Blockaden gelöst ein paar Verspannungen beseitig, ein paar Faszien wieder in Schwung gebracht und schwupps ist dein Pferd Raus aus der Trageerschöpfung


Leider ist das nicht ❌ so und es tut mir auch immer sehr leid, wenn ich meinen Kundinnen vor Ort diesen Zahn ziehen muss. 


👉 Wenn dein Pferd Anzeichen einer Trageerschöpfung hat, heißt es, dass das Arbeit kostet, das Pferd da wieder raus zu holen. Und zwar kontinuierliche Arbeit. Am besten täglich. Und damit du bei dieser Sache nicht komplett Arm wirst, sondern im Idealfall noch etwas lernst, machst du das am Besten selbst. 


Deine Osteopathin kann dir natürlich die Strukturen lösen die verspannt und schmerzhaft sind, und das macht auch ganz, ganz viel Sinn.✅  Ich befürworte das absolut das Pferd erstmal manuell von Blockaden und Verspannungen zu befreien bevor man die Ärmel hochkrempelt und die Bewegungsmuster umstellt; aber sie kann eben nichts an der Ursache der Trageerschöpfung, nämlich der Fehlenden Rumpftragekompetenz machen


Das ist der Job von jemandem der sich ganz genau mit Bewegungsmustern im Pferd auskennt und der diese Ändern kann. In Bewegung. 


Und es tut mir leid, wenn ich das jetzt so sagen muss, aber das können 90% der handelsüblichen Osteos, Physios und Chiros nicht. 


Was überhaupt nicht abwertend gemeint ist, es ist schlicht und einfach gar nicht ihr Job und wird dementsprechend in 90% der Ausbildungs-Institute gar nicht gelehrt. 


Aber dafür hast du ja mich.😊


So schwer ist es nämlich gar nicht, wenn man wirklich an der soliden Basis arbeitet, Ich kann dir zeigen was dein Pferd können muss, damit es endlich aufwärts geht. Im wahrsten Sinne des Wortes 😊


Mythos 4

 Trageerschöpfung kann man durch richtiges Reiten bekämpfen

Diesen Mythos kann ich leicht auflösen. 


Nein. Nein und nochmal Nein. 


Warum diese starre Aussage von mir, wo ich doch normalerweise eher der Typ „kommt drauf an“ bin? 


👉 Ganz einfach. Die Trageerschöpfung ist ein Symptom, was durch das Tragen des eigenen Rumpfes entsteht, bzw. eigentlich entsteht es daraus dass das Pferd aus welchem Grund auch immer überfordert ist mit dem Tragen des eigenen Rumpfes. 


Ja und wenn das arme Pferd doch schon seinen eigenen Körper nicht tragen kann, dann setze ich mich doch nicht auch noch drauf


➡ Das ist doch total logisch. 


Reiten und damit TragKRAFT entwickeln, kann du dann, wenn dein Pferd tragfähig ist. 


Das heißt, wenn dein Pferd in der „Trockenübung“ ohne Reiter die Bewegungen kann, die es braucht, um sich und dich zu tragen


Dann erst geht es um Kraft-Aufbau unter dem Reiter und nicht eine Minute vorher! 💡


Mythos 5

Stangenarbeit, Cavalettis, Equikinetik, Seitengänge und Longieren und Reiten helfen dem Pferd aus der Trageerschöpfung heraus.

Ja und nein. 


Es kommt hier immer ein bisschen auf die Ausgangslage an. Hat das Pferd eine gute Rumpftragekompetenz machen all diese Trainingsmethoden Sinn. ✅ 


👉 Alles oben Erwähnte baut große Muskelgruppen wie Rückenmuskeln, Kruppen und Hosenmuskeln und auch Rumfpträger auf. 


Allerdings gibt es hier ein „Aber“: 


Es gibt unfassbar viele Pferde, die in schädlichen Bewegungsmustern gefangen sind und auch während des schönsten Aufbautrainings kompensieren und ihre Problematik, wenn es gut läuft, halten oder wenn es schlecht läuft, sogar verschlechtern. 


Das erklärt auch warum es so  viele Pferdehalter gibt, die sich  den Hintern aufreißen, um ihrem Pferd zu helfen und so ziemliche jede fancy Trainings-Methode schon durch haben, sich aber doch immer wieder im Kreis drehen und nicht an den Kern der Sache vordringen. 


Dann baut man zwar optisch gute Muskulatur auf, die Pferde bewegen sich aber trotzdem noch im Verschleiß, denn die Muskulatur die für Stabilität und wirkliche Bewegungskompetenz zuständig ist liegt tief im Pferd verborgen und der Trainingseffekt lässt sich nicht unbedingt optisch ausmachen. 


💡 Man erkennt ein tragfähiges Pferd nämlich nicht ausschließlich an der Masse seiner großen Muskeln, sondern vor allem daran, wie es sich hinstellt, wenn es chillt, an seiner absoluten Schmerzfreiheit in jedem Muskel und am 


➡ Wichtigsten: Daran wie es sich in der Kraft 💪bewegt. 


Das ist der Maßstab. Auch ein Muskelprotz kann schadhaft laufen. Und der klapperdürre Rentner, hingegen mit sehr guter Bewegungskompetenz kann sich verschleißt ärmer bewegen als sein Dressur-Krack Boxennachbar. 


Beide Pferde haben wahrscheinlich keine Tragkraft. 


Das gut bemuskelte deswegen nicht, weil ihm die Tragfähigkeit als Voraussetzung für die Tragkraft fehlt. 


Der dürre Rentner hingegen ist vielleicht sogar Tragfähig, weil er sich entsprechen bewegen kann, hat aber aufgrund fehlender Muskelmasse dann aber nicht die Kraft einen Reiter zu tragen – auch wenn er rein vom Bewegungsablauf dazu in der Lage wäre. 


Also was ist denn nun mit den ganzen Pauschalen Trainingstipps gegen Trageerschöpfung, Equi, Longe, Stangen… was tun❓


Dazu möchte ich gerne folgendes sagen: 

An all diejenigen, die wirklich großartige Erfolge mit Stangen / Equi / Longenarbeit / Handarbeit oder Whatever haben. Großartig. Bitte weiter machen!! 


Dein Pferd zeigt dir, was Sinn macht: 


• Sind Schmerzpunkte am CTÜ, im Rücken und in der Lende nach dem Training weg und kommen auch nicht wieder – super, weiter so!


• Ist die Rückständigkeit nach dem Training und auch langfristig verbessert – super, weiter so!


• Kann sich euer Pferd geschmeidig und schmerzfrei bewegen und kommen Verspannungen und Blockaden nicht alle 6 Monate zurück – super, weiter so! 


• Schließt sich das LSG im Stand wieder und das Pferd muss das Becken nicht mehr unterschieben – super, weiter so. 


• Wird die Atemwegsproblematik, die Lahmheit, die Arthrose besser – super weiter so! 


ABER wenn bei dir ein Punkt nicht zu trifft oder du einfach das Gefühl hast, dass dir noch ein Puzzleteil fehlt, lass dir gesagt sein: Du hast recht. 


Und dieses Puzzleteil ist die Basis, die in 98% der Fälle übersprungen wurde. 


❌ Die Pferde lernen selten auf Signal den Brustkorb zu heben, bestimmte Muskelgruppen anzuspannen, selten dürfen die Pferde erstmal in Zeitlupe und mit ausreichender Körperspannung üben, wie man eine Kurve geht, bevor man sie an die Longe nimmt. 


❌ Selten haben die Pferde Selbsthaltung wie ich sie definiere bevor ihnen auch noch Stangen in den Weg gelegt werden und ganz selten haben die Pferde wirklich ausreichende Rumpftragekompetenz, bevor sie auch Kreisbögen oder noch schlimmer in Seitengängen bewegt werden. 


Und das ist es was fehlt.❌  Das ist aber leider die Basis. 


👉 Baust du ein Haus ohne solides, tragfähiges Fundament, dann wird das nicht lange stehen, auch nicht wenn es wunderschön aussieht. 

Die Fassade wird irgendwann Risse bekommen und bröckeln. 

Und eines Tages gerät das Bauwerk ins Schwanken und kollabiert. Dann heißt es, 1 Jahr Trainingspause 😱 herzlichen Glückwünsch zum Fesselträgerschaden. 


Und in einem Jahr soll man dann wieder antrainieren und wie vorher weitermachen….. 

Muss ich jetzt ausführen, was passiert, wenn das Fundament bis dahin nicht gelegt ist? 

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