[Interview] Was du wissen musst, um einen guten Sattler zu finden

Antje Wirtz • Juni 18, 2022

Du willst dein Pferd optimal besatteln? Lies weiter...

Thema Sattel
Das musst du wissen, wenn du einen guten Sattler finden willst: 

Dieser Artikel ist ein Interview mit Sattlerin Anne von der mobilen Sattelberatung



"Ich bin Ann-Christin Stock, komme aus dem wunderschönen Friesland, bin seid über 38 Jahre begeisterte Reiterin und beschäftige mich seid mehr als 25 Jahren mit dem Thema Sattel. Mein Einzugsgebiet ist gar nicht so genau definiert, da ich keine Touren fahre, sondern individuelle Termine mit meinen Kunden abstimme.


Mein Portfolio an Sätteln zeichnet sich durch eine hohes Maß an Qualität und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten aus, ich bewege mich weitestgehend im Teilmaßsattelbereich"

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"Woran erkennt man einen guten Sattler?"

"Ein guter Sattler führt erstmal ein Vorgespräch mit dir und bereitet sich auf den Termin vor. Er möchte vorher von dir wissen, ob es Probleme gibt, wie deine Ziele sind und was für ein Pferd du hast. Eben damit er optimal für euch vorbereitet bei dir aufschlagen kann. 

Kein Sattler kommt einfach in den Stall und stolpert über dich und deinen Sattel und guckt sich den mal eben kurz an. Das würde ich sagen ist jetzt nicht unbedingt gut. 

Anhand von Infos oder auch von Bildern die ich vorher von meinen Kunden zur Verfügung gestellt bekommen habe, kann ich das entsprechende Portfolio an Sätteln zusammenstellen, die ich dann zum Termin mitbringe.

Ich kann anhand eines Fotos gut sehen, wie ist das Exterieur des Pferdes dann bringe ich Sättel mit, die passen könnten. Ich stelle individuell für jeden Termin Sättel zusammen."


"Das heißt wenn ich jetzt am Telefon einen Termin mit einem Sattler machen würde, wäre das ganz gut, wenn der mich schonmal fragt: Was hast du denn für ein Pferd, hast du einen Tinker oder einen Hannoveraner? Wie wird der geritten? Wie groß, wie dünn? Wie alt? Wie dick?"

"Ja genau. Und auch gesundheitliche Vorgeschichten interessieren mich. Wenn das Pferd zum Beispiel Kissing Spines hat und schon vorbelastet ist, ist das eine wichtige Information für mich. 


Es ist auch wichtig für mich zu wissen, ob ein Pferd irgendwelche Arthrosen hat.

Grundsätzlich macht man da zwar nichts anders, aber Pferde mit Kissings Spines oder Arthrose fühlen sich anders an und sich auch von ihrem Exterieur etwas anders, was man bei der Sattelauswahl beachten muss. Genauso ist es für mich wichtig, ob ein Pferd Atemwegsprobleme hat. 


In diesem Fällen muss man ein bisschen vorgehen, als wenn man ein rund um tiptop gesundes Pferd hat. Ein gesundes Pferd, welches keine Probleme hat, ist ja immer das einfachste. 


Ich frage sowas auch gezielt ab. Weil ich wissen will, woher kommt das. Es kann sein, dass die Atemwegsprobleme sich aufgrund einer Stauchung in der Brustwirbelsäule bemerkbar machen. Und wenn man die Situation verbessern will, dann muss man das ganze Pferd im Fokus haben. Atemwegsprobleme sind auch aus satteltechnischer Sicht ein Problem"


"In wie fern ist das für dich wichtig, wenn ein Pferd Equines Asthma hat? Also worauf achtest du da besonders?" 

"Ein Pferd mit Equinem Asthma ist einfach belastet. Ich muss dann also noch genauer gucken, was wird das für ein Sattel und wie liegt der Sattel auf. Wenn du den Sattel angurtest und ein Pferd hat ein Atemwegsproblem hat merkt man das sofort, denn dann kommt Druck auf die Lunge."

"Wir sitzen auf der Lunge"

"Da muss man ein Auge draufhaben. Der Sattel selbst passt genau so gut wie bei einem gesunden Pferd. Aber trotzdem kann man dann nochmal schauen, ob man vielleicht mit einer speziellen Unterlage arbeitet oder mit einem vernünftigen Sattelgurt, zum Beispiel ein Gurt mit einer besonders breiten Auflagefläche oder mit Gummizug, sodass die Atmung eben möglichst wenig beeinträchtigt wird. 


Atemwegsbelastete Pferde sind ebeneinfach ein bisschen schwierig. Die laufen nicht so frei, die kommen nicht so hoch im Brustkorb. Diese Pferde laufen einfach anders. 


Ich kann in meiner Praxis zum Beispiel sehen, ob ein Pferd mit Atemwegsproblemen an mir vorbeiläuft oder ein gesundes Pferd. 


Ich kann das gar nicht so fachlich beschreiben, da bist du ja die Fachfrau. Aber ich sehe das einfach. 

Man kann sehen, wie ein Pferd mit Atemwegsproblemen läuft und wie eines ohne Atemwegsprobleme läuft."


"Diese Pferde sind wie im Korsett. Und sie sind „stramm“, also verspannt. Die Beine kommen nicht so gut raus, sie atmen flacher. Und man kann sich dann ja ganz gut vorstellen, wenn man eh schon flach atmet und ein enges Korsett an hat und dann kommt der Gurt noch dazu… "

"Und das Reitergewicht. Und ich finde auch bei solchen Pferden hängt der Rücken, die kommen nicht so hoch im Rücken und sie gehen eher nach vorne unten." 

"Da habe ich in der vorletzten Episode schon gaaanz viel drüber gesprochen dass es da zusammenhänge gibt wie das Exterieur ist des Pferdes und wie das in Zusammenhang steht mit Equinem Asthma usw. da kannst du ja auch gerne mal reinlesen: >>>klick<<<


Um die Frage „wie finde ich einen guten Sattler?“ abzuschließen:

Wenn ich einen Sattler anrufe, sollte er mich fragen was ich für ein Pferd habe, ob es Einschränkungen hat, ob Probleme wie Equines Asthma, Arthrose, Kissing Spines etc. bekannt sind."


Nun nehmen wir mal an, ich habe einen Termin mit meinem Sattler gemacht und der kommt nun auf dem Hof an. Und sagt zu mir „du brauchst einen Maßsattel“ was verstehe ich darunter? Das ist auch eine Frage die mich erreicht hat.

Denn ich nehme auch wahr, wenn ich Sättel im Rahmen meiner Behandlung kontrolliere, dass mir dann oft gesagt wird, dass es sich um einen Maßsattel handelt.

Wie ist das und was ist bei Maßsätteln zu beachten und was macht einen Maßsattel aus?"

"Wir haben in Deutschland – korrigiert mich gerne – wenig Sattlereien die auf Maß arbeiten. Ein Maßsattel ist explizit für das Pferd und den Reiter angefertigt. Das heißt das z.B. nicht die Möglichkeit besteht, probe zu reiten. 

Denn auch der Sattelbaum wird für das Pferd angefertigt wird. Das sind echte Maßsättel. Das haben wir aber heute sehr selten. 


Ich würde eher sagen deine Kundinnen haben Teilmaßsättel. Bei Teilmaßsätteln hat man bestimmte Sattelbäume die aus Kunststoff sind, aus denen man wählen kann. Da kann man genau schauen welchen Baum brauche ich für welches Pferd. 


Und man hat außerdem die Möglichkeit, den Sattelbaum aufs Pferd auszuwählen, das Kopfeisen auszuwählen, ich kann auch zwischen ganz vielen unterschiedlichen Kissentypen wählen. Ich kann nicht nur die Form des Kissens wählen (Französiches Kissen / Keilkissen), sondern auch noch ganz viele Feinheiten abstimmen. 

Zum Beispiel was ich für eine Kissenspitze will ich haben, kurz lang, unabhängig, gebunden… usw. und natürlich ist es auch wichtig alles auch so zusammen zu stellen, dass es für den Reiter ebenfalls passend ist. Hier kann ich schauen was ich für eine Pausche wähle, wie lang das Sattelplatt sein soll usw. 


So richtig echte Maßsättel gibt es wirklich selten. Viele Reiter sprechen aber schon von einem Maßsattel, wenn die Pausche oder das Blatt für sie passend zusammengestellt wurde."

"Ah ok, das heißt also, dass die meisten Maßsättel gar keine „echten“ Maßsättel sind, sondern eher Teil-maß bzw. individuell zusammengestellte Sättel sind. "

 

"Genau."


"Und dann gibt es ja auch noch den Begriff des „angepassten“ Sattels. Das heißt das wäre dann ein Sattel der „von der Stange“ ist vielleicht auch auch individuell zusammengestellt und den du dann auf das Pferd anpasst.

Was hat man für Möglichkeiten einen Sattel auf ein Pferd anzupassen? Also was kann man alles verändern?" 

"Das kommt drauf an. 


Ein Sattel von der Stange ist kein schlechter Sattel. Es zeigt sich, dass man ab einer bestimmten Preisklasse wirklich sehr viele Möglichkeiten hat, den Sattel zu verändern und optimal auf das Pferd anzupassen. 


Da kannst du dann z.B. das Kopfeisen verändern, du hast eine schöne Kissenfüllung und eine gute Verarbeitung. Denn es kommt ja nicht nur drauf an, dass ich den Sattel verändern kann und z.B. Kammerweite und Polster passend machen kann, sondern auch darauf, wie der Sattel verarbeitet ist. 

Ist zum Beispiel Wert darauf gelegt worden, dass gute Schrauben verarbeitet sind und das ausreichend Schrauben genutzt wurden. Und dass alles schön abgeflacht ist und nirgendwo eine Schraube raus schaut usw.  


Wichtig ist auch wie die Gurtung angebracht wird und wie das verarbeitet ist. 


Wenn man sich mal Sättel auseinanderbastelt und sich mal anschaut, wie diese herstellt sind, sieht man da ab einer bestimmten Preisklasse schon deutliche Qualitätsunterschiede. Je günstiger ein Sattel ist, desto mehr sind das „am Band“ hergestellte Sättel. Da kann auch mal eine Schraube schief sitzen oder eine Schraube fehlen. Das wäre gerade bei Sicherheitsrelevanten Bauteilen sehr schlecht, wenn da eine Schraube fehlt oder schlecht geschraubt ist. 


Auch die Verarbeitung an sich ist in verschiedenen Preisklassen ein Unterschied.

Wenn man sich auf einem niedrigen Preisniveau einen Sattel kauft, ist daher die Wahrscheinlichkeit groß, dass man sich öfter einen neuen Sattel kaufen muss. "

"Dann schließe ich hier direkt eine Frage an die auch noch kam:

Wieviel sollte man in einen neuen Sattel investieren, um keinen Schund zu kaufen?

Aber welcher Preisklasse würdest du sagen: „Damit kann ich gut arbeiten“." 

"Ich habe ein sehr spezielles Sortiment und unterscheide mich dadurch eh schon von anderen Sattlern. Aber ich persönlich würde sagen, bei meinen Sätteln alles was so ab 2500,- Euro ist, ist schon richtig gut. Und da hast du dann, wenn das Gesamtkonzept stimmt, einen Sattel fürs Leben.

Wichtig ist aber wirklich, dass das Gesamtkonzpet stimmt. Denn wenn der Sattel nicht passt nützt es auch nix wenn der teuer war.

Solche Söttel machen wirklich spaß, weil ich diese Sättel toll und präzise anpassen kann.

Bei einem günstigen Sattel muss ich auch mal sagen: „Hier komme ich nicht weiter“." 

"Das ist spannend. Ich finde auch, man kann lieber einmal länger sparen und mehr Geld in die Hand nehmen und hat dann dafür aber auch lange Ruhe. Als dass man alle 6 Monate Probleme hat, weil das Pferd mal wieder dick oder dünn geworden ist.

 

Dann war noch eine Frage: „Unfähige Sattler?“ Muss ein Sattler zwingend eine konventionelle Lehre gemacht haben, oder gibt es auch andere Ausbildungswege, die kompetente Sattler hervorbringen?“

"Eine Reitsportsattler- Ausbildung beinhaltet nicht, dass man lernt wie man einen Sattel anatomisch korrekt auf ein Pferd anpasst. 


Das ist nicht Inhalt der Ausbildung. das muss man nicht können. Bei der Ausbildung zum Reitsportsattler geht um das Sattler-Handwerk. 


Wenn ich Reitsport-Sattler bin, kann ich mich natürlich trotzdem weiterbilden. Ich kann Kurse besuchen und mich weiterbilden, um etwas über die Anatomie des Pferdes zu lernen und auch zu lernen, wie passe ich einen Sattel an, damit das Pferd damit vernünftig laufen kann. 


Ich finde man muss als Sattler selbst sehr viel Pferdeerfahrung haben. Man muss am besten selbst auch reiten. Das ist ein riesen Vorteil. 

Und man muss ein unheimlich großes Wissen haben und einen guten Blick für das gesamte Bild. Auch dafür wie das Pferd dasteht. Wenn ich ein Pferd sehe, ohne Reiter und kann ich am Pferd schon ausmachen welche Probleme da mitunter vorliegen. 


Und wenn der Reiter sich dann drauf setzt, kann man vielleicht auch sehen, warum ist das so. Und das muss ich als Sattlerin unbedingt sehen können. Das heißt der Sattler braucht ein Gespür dafür, wie sich das ganze zusammensetzt. 

Ich weiß nicht, ob man sich das so aneignen kann. 


Anatomische Grundkenntnisse kann man sich aneignen. Und auch sicherlich theoretische Kenntnisse, wie ich ein Sattel optimal auf ein Pferd anpasse. Das kann jeder. Jeder kann sich ein Buch kaufen und das nachlesen. Aber letztendlich – ein Pferd ist immer noch ein Pferd. Ein Pferd wird genutzt und bewegt sich. Man kann sich nicht immer an dem Lehrbuch orientieren. Denn es jedes Pferd und jeder Reiter sind individuell. 

Der Reiter möchte gerne reiten und seine Ruhe haben. 


Ich versuche dann also den Sattel meines Kunden so anzupassen, dass es für Pferd und Reiter optimal stimmt. Das geht leider nicht immer nach Lehrbuch."

"Um auf das Lehrbuch zurückzukommen: Wenn es danach ginge, dürfte ich für mein Fell-Pony gar keinen Sattel haben, weil mein Hintern de facto einfach zu groß für ihn ist. Der hat einfach eine so kleine, kurze Sattellage, da würdest du nach Lehrbuch gar keinen Sattel draufkriegen. Also außer ich wiege ab morgen nur noch 30kg, aber ich glaube das schaff ich nicht.

Und da muss man eben manchmal Kompromisse finden, um das Pferd-Reiter-Gespann irgendwie zusammen zu bekommen.


Nächste Frage:

„Woran erkennt man einen seriösen Sattler“ Diese Frage kam in der ein oder anderen Form wirklich oft."

"Nehmen wir mal an du willst dir n Sattel kaufen und du möchtest dir jetzt n Sattler kommen lassen, der mir dir ne Sattelanprobe macht. Und der kommt auch und nimmt sich dann bei dir vor Ort Minimum 2-3 Stunden Zeit und fährt dann wieder weg.

Und du hast keinen Sattel gefunden und dieser Sattler nimmt aber für seine Zeit trotzdem kein Geld.

Dann ist das für dich gut, weil der nimmt von dir ja kein Geld. AAAAber ich als Sattler muss ja wirtschaftlich arbeiten. Und das heißt, ich muss beim nächsten Kunden auf jeden Fall einen Sattel verkaufen. Komme was wolle." 

"Das heißt der Sattler hat in dem Moment Verkaufsdruck?"

"Ja. 

Wichtig ist einfach, wenn man einen seriösen Sattler haben will und auch einen Sattler der absolut frei und unabhängig beraten kann, dann würde ich empfehlen, dass du jemanden suchst der auf jeden Fall eine Demo-Pauschale nimmt. Auch wenn diese häufig noch gar nicht kostendeckend ist – rein wirtschaftlich betrachtet. 

Dann hat man auf jeden Fall eine ehrliche Beratung. Denn dann hat der Sattler nicht im Hinterkopf „ok, ich muss heute auf jeden Fall noch einen Sattel verkaufen, ich hatte heute schon 2 die keinen Sattel gekauft haben und nun fahr ich nochmal ne Stunde durchs Land – da muss ich dann jetzt aber einen verkaufen.“


Denn das ist schlecht. Für den Sattler und letztendlich auch für den Kunden, der sich ja eine offene ehrliche Beratung wünscht.

Ich z.B. nehme Demopauschalen, weil ich meine, ich muss einfach die Möglichkeit haben, frei beraten und entscheiden zu können. Mein Kunde hat so die Möglichkeit, sich fair und frei beraten zu lassen.


Ich persönlich finde da kostenlose Sattelproben schwierig. Wenn man wirklich unabhängig beraten will, kann man das ohne Demopauschale wirklich nur schwer machen." 

"Ich fasse nochmal zusammen: Wenn ihr euren Sattler unterstützen wollt und wollt, dass sie unabhängig arbeiten und beraten können, dann müssen sie auch für ihre beratende Funktion bezahlt werden.

Denn wenn sie nur über den Verkauf der Sättel bezahlt werden, werden sie automatisch in einen Verkaufsdruck gezwängt, denn letztendlich wollen sie ihren Kühlschrank auch voll haben.

Und dann ist man natürlich ab einem gewissen Punkt – je nach wirtschaftlicher Lage – vielleicht soweit dass das Sattler sich denkt: „ok… geht schon irgendwie der Sattel…“

Stell dir vor, dein Sattler hat unterschwelligen Verkaufsdruck, weil er einfach weiß, er hat schon 2 Wochen nix verkauft und langsam wird es mal wieder Zeit. Das ist ja mitunter auch ein unbewusstes Gefühl, welches die Sattler mit sich schleppen.

Also, wenn ihr unabhängig beraten werden wollt, achtet darauf, dass ihr auch die Beratung mit bezahlt.

Zeit ist Geld. Das ist ja nicht nur so ein Spruch. Also fragt doch beim Termin ruhig mal nach, wie denn der Sattler arbeitet: Finanziert er sich rein über das Verkaufen oder hat er auch noch eine Einkommensquelle die nicht direkt an den Verkauf des Sattels gekoppelt ist.

Das ist ein super Indiz. Auch wenn sich das natürlich erstmal schön anfühlt, wenn man ne Stunde beraten wird und nichts dafür bezahlen muss.

Du denkst vielleicht „das war so eine tolle Beratung und das auch noch kostenlos, also bei der Kaufe ich dann auf jeden Fall einen Sattel, weil das ist ja ein super Service“ – denk dran, es gibt auch noch Leute die nicht so denken wie du und die sich dann vielleicht 28 mal beraten und kaufen letztendlich keinen Sattel (oder bei Ebay) und da wird es dann wirtschaftlich tatsächlich irgendwann eng.

Ich finde das verständlich und einen wichtigen Punkt, den man berücksichtigen sollte. Denn im Grunde wünschen wir uns doch alle einen Sattel, der dem Pferd wirklich passt und der unserem Hintern passt und der uns auf lange Sicht auch glücklich macht." 


"Kommen wir zur nächsten Frage, die auch echt cool ist:

„Ab welchem alter ist ein Sattel in der Regel zu alt für den weiteren Gebrauch?“

Gibt es ein Mindesthaltbarkeitsdatum für Sättel?"  

"Man kann nicht pauschal sagen, dass ein Sattel der 10 Jahre alt ist nicht mehr zu gebrauchen ist. Aber es gibt individuelle Kriterien, die man als Reiter gut beurteilen kann: 


  • Ist der Wirbelkanal noch breit genug? 8-10cm sind ein Muss.
  • Ist das Leder noch weich oder ist es schon wie Beton? Da gibt es bei Anne auf Insta auch ein tolles Video. Da sieht man, dass der Sattel sogar ohne Polster komplett in der Form bleibt, obwohl keine Wolle mehr drin ist. Der Sattel ist einfach so hart, dass das Leder keine Miene mehr verzieht. 
  • Solche harten Sättel gehören nicht auf den Pferderücken. 
  • Solche Mängel kann man auch nicht mit einem Pad ausgleichen, diese Sättel sind Deko (super als Barhocker)"


"Gibt es eigentlich einen Daumenregel wie weit man ein Sattelpolster eindrücken können muss, um zu beurteilen, ob er zu hart ist?"

"Da kommt es auch drauf an was ist das für ein Polster, so fühlen sich Schafwolle, künstliche Wolle, Silikoniert oder nicht, alle unterschiedlich an. 


Dann muss man noch wissen, ob es sich nur um eine Lederkissen handelt, oder ob es von Innen ausgekleidet ist. Auch da fühlt es sich einfach unterschiedlich an. 


Ein Sattelkissen sollte jedoch immer stoßdämpfend sein. Und die Polsterung sollte sich auch danach anfühlen. Wenn ich z.B. schon mit dem Finger durch das Kissen bis auf den Baum drücken kann, ist auf jeden Fall zu wenig Polster drin. 


Andersrum, wenn man z.B. bei einem Sattel das Polster gar nichts mehr eindrücken kann, habe ich auch ein Problem. Dann haben die Sättel ja auch keine Anpassungsfähigkeit mehr und drücken Haut und Muskulatur des Pferdes weg."

"Ja, dann sieht es so aus, als ob die Pferde selbst ohne Sattel noch einen Sattel draufhaben, weil man den Abdruck des Sattels im Pferd sehen kann. Selbst wenn der Ritt schon viele Stunden, manchmal Tage her ist."


"Nächste Frage: Welchen Vorteil haben dicke Pauschen?"

"Eigentlich haben Pauschen keinen direkten Vorteil für das Pferd. Aber wir haben heutzutage eben viele talentierte Pferde mit unheimlich viel Schwung und unheimlich viel Potential, die nicht ganz leicht zu reiten sind. 


Und natürlich kann man solche Pferde auch ohne Pausche reiten. Es kommt auf das reiterliche Vermögen und die Reitweise an. 


Wenn ich z.B. ein Pferd mit sehr viel Schwung reite, muss ich das ja auch irgendwie fest im Sattel sitzen."

"Also supporten die Pauschen den Reiter, wenn ich das richtig verstehe? "

 

"Richtig."


"Gibt es auch Pauschen, die sehr störend angebracht sind?"

"Ja, das haben sogar viele. Viele Leute haben einen Sattel, bei dem die Pausche nicht zum Oberschenkel passt. Ich schaue mir das immer dynamisch an und passe die Pausche dann auch auf den Oberschenkel des Reiters an. Dann stört auch ne große Pausche nicht. 


Ich habe aber auch schon Reiter gesehen, die sehr störende Pauschen haben. Die armen Reitern können dann nach dem Absteigen nicht mehr so gut laufen, weil die Hüfte die ganze Zeit überdehnt wurde.


Und das finde ich, muss nicht sein. 


Wenn man das vernünftig haben will und man hat ein Pferd mit viel Schwung, dann muss man mit einem Sattler zusammen arbeiten, der auch mehr Optionen hat was den Winkel des Sattelblatts und die Größe und Anbringung der Pausche hat. 

Dann ist das kein Problem. Dann kann man eine große Pausche haben und damit gut reiten." 

"Ok, das heißt die Pausche muss immer auf den Reiter angepasst werden?"

"Genau. Man sollte die Pausche immer dynamisch auf den Reiter anpassen."

"Eine weitere Frage die per Mail hereinkam:

"Gibt es Marken, die schlecht oder kaum anpassbar sind?"

"Ja. Es gibt meiner Meinung nach auch Marken, die sich nicht so gut anpassen lassen. Gerade im unteren Preissegment kommt man irgendwann an einen Punkt, wo man z.B. begrenzt ist, in der Einstellung der Kammerweite. So kann der Hersteller z.B. vorgeben, dass man nur 2 Kammerweiten rauf und runter verstellen darf. 


Das ist im Prinzip nichts Schlechtes, aber wir haben hier in diesem Fall halt eine Einschränkung.

Oder man kann nicht so viel am Polster machen. Oder ein Sattel hat Formkissen. 


Ich persönlich mag Formkissen auch nicht so gerne, weil man da nichts anpassen kann. 


Das heißt aber auch nicht, dass es ein schlechter Sattel ist. Mir persönlich ist es nur lieber, wenn ich mit Polsterwolle arbeiten kann und ganz individuell das Polster anpassen kann." 

"Gerade wenn man dann ein Freizeitpferd hat, was sich über die Monate viel verändert, ist das natürlich schöner, wenn man viel verändern kann. Ich denke da jetzt vor allem mal an mich, denn im Winter reite ich wetterbedingt einfach wenig bis gar nicht. Im Sommer, wenn das Wetter schöner wird, wieder mehr. Gerade da ich keine Halle und keinen vernünftigen Reitplatz, daher schwankt natürlich der Trainingszustand.

Wenn ich dann den Sattel immer individuell anpassen möchte, brauche ich natürlich auch ein Modell, das nicht nach dem 10x sagt „ich fall jetzt mal auseinander“, sondern ich brauchen einen Sattel der diese Veränderungen und Anpassungen mit macht.

 

Welchen Sattel würdest du dir selbst kaufen?"

"Das ist eine total einfache Frage: Ich kaufe mir für mein Pferd einen Sattel der passt. 


Und wenn ich keinen passenden Sattel für mein Pferd im Angebot habe, dann muss ich jemanden anderes fragen. 


Ich kann nicht nur weil ich Sattelverkäufer bin, auschließlich auf meinen Fundus zurückgreifen. Das wäre nicht gut fürs Pferd, wenn ich mich nur danach richten würde. Da muss man da auch nochmal nach was anderem gucken. 


So einen Fall habe ich sogar im Stall. Da komme ich einfach mit meinen Sachen nicht so weit wie ich das gerne hätte, und dann muss man eben einen anderen Sattel kaufen, das mache ich dann auch. "

"Abgefahren. Da sitzt du schon an der Quelle und kaufst trotzdem woanders.

Ist das auch manchmal so, dass du bei Kunde sagst: „Sorry, mit meinem Sortiment komme ich hier nicht weiter, da muss du bitte Kollege XY anrufen“?" 

"Ja absolut.


Wenn ich das vor Ort feststelle, dass ich da nicht weiterhelfen kann, verweise ich. Und da ist man in so einem Fall als Sattler auch sehr gut beraten, wenn man das so handhabt. Oder alternativ, kann man ja auch am Telefon häufig schon abschätzen, wenn man sich mit den zukünftigen Kunden unterhält, ob es ein Problem ist, was ich lösen kann oder nicht.

Und wenn sich bei der Sattelprobe herausstellt dass es nicht das gelbe vom Ei ist kann man ja auch gar klar sagen wie es ist.



Manche Kunden wollen dann den Sattel trotzdem unbedingt haben. In diesem Fall schreibe ich aber genau auf, was noch nicht ideal ist und warum das so ist." 

"Das wäre übrigens für mich auch ein Indiz dafür, dass ich es wirklich mit einen Sattler zu tun habe, der Seriös und pro Pferd arbeitet. Wenn der Sattler zu dir sagt: „Ich habe bei meinen Marken nichts dabei, was ich dir andrehen kann, kauf mal beim Kollegen“ à ist glaube ich ein richtig gutes Zeiten 😉

Und das wiederum kann ein Sattler aber nur machen, wenn er keinen Verkaufsdruck hat. Denn wenn er unbedingt einen Sattel verkaufen muss, damit er sich Brötchen kaufen kann, wird er dich wahrscheinlich nicht zum Kollegen schicken :-D

 

Die Frage wie man einen guten Sattler erkennt, kam ganz, ganz oft.

Und ich denke der Schlüssel ist wirklich die Ehrlichkeit und Transparenz, die der Sattler an den Tag legt. Auch über den Sattel hinaus. Und das ist sicher nicht immer einfach. Kein Pferdebesitzer hört schließlich gerne vom Sattler, dass der dein Pferd nicht besatteln kann, weil das Pferd Trageerschhöpft ist. Gerade dann, wenn man sich auf einen reiter-Sommer gefreut hat, ist das natürlich nicht unbedingt das, was man hören will, wenn man sich eigentlich auf einen neuen Sattel gefreut hat.

Und ich glaube genau diese ehrliche Kommunikation macht einen guten Sattler aus." 

"Ich würde mir das als Reiter auch wünschen.

Es gibt viele Menschen die unheimlich große Sattelprobleme haben, aber das eigentliche Problem ist nicht der Sattel. Oft schon ja, aber manchmal eben nicht. Und da kannst du dir dann 10 Sättel kaufen du wirst immer nach kurzer Zeit wieder vor deinen Problemen stehen. 


Ich persönlich möchte aber in dieser Problem-Spirale überhaupt nicht mitspielen. Ich mache eine Sattelanprobe und wenn ich ein Problem erkenne, können wir darüber reden. Ich fahre dann wieder nach Hause und bin zufrieden, auch wenn ich keinen Sattel verkauft habe.


Denn das sind ja auch Dinge, die lassen sich nicht lösen, indem man wieder einen Sattel kauft. Denn der Sattler davor hat auch schon nichts Passendes gefunden, dann ist der Hufschmied schuld oder, oder, oder…"

"Das heißt wenn ich mich jetzt als Freizeitreiter in einer solchen Spirale wiederfinde und ich komme immer nach wenigen Monaten wieder an den Punkt, wo der Sattel nicht passt. Und man hat immer wieder das Gefühl irgendwas stimmt nicht. Man hat vielleicht schon 5 Leute drauf schauen lassen und keiner kann mir weiterhelfen. Dann liegt die Wurzel des Problems am Sattel sondern vielleicht ganz wo anders.

Was sind Probleme die du erkennst wo du sagst: „ also da kann der Sattel jetzt echt nix für“

"Das kann ich gar nicht so kurz beschreiben. Weil das oftmals ein Haufen an kleinen Problemen ist, die sich zu einem großen aufballen.

Das Pferd spiegelt ja immer die Nutzungsart wider. Und wenn ich mir bei einer Sattelanprobe das Reiten anschaue, habe ich ja einen kurzen Ausschnitt, wie das Reiten ungefähr bei dem Paar aussieht. Auch wenn der Reiter nicht so reitet wie im Normalfall, schließlich guckt jemand und man muss sich in den Sattel einfühlen usw.

Aber ich sehe wie sich das Pferd bewegt, wie die Mimik ist, wie das Exterieur ist, welche Position vom Reiter und Pferd eingenommen wird usw.  

Daraus kann man Schlüsse ziehen.

Manche reiterliche Defizite kann nicht ausgleichen.

Und die Pferde müssen mehr ihrem Exterieur entsprechend genutzt werden. Dann habe ich auch ne Grundlage für einen passenden Sattel.

Immerhin kann ich dann Leute wie dich empfehlen, die das Pferd auch wieder in Ordnung bringen können. Der Reiter kann meistens gar nicht so viel dafür, der will ja nur das Beste für sein Pferd und weiß es oft nicht besser." 

"Das ist manchmal wirklich nicht so einfach. Wenn man ein Pferd hat, was vielleicht auch schon jahrelang in diesen falschen Bewegungsmustern gefangen ist.

So wie Dollar z.B. der ist ja auch ein Gebraucht-Pferd und wurde in jungen Jahren nicht schön geritten. Und die Vorbesitzerinnen sowie ich, arbeiten schon lange daran und trotzdem packt er immer mal wieder diese blöden Bewegungsmuster aus. Das dauert einfach lange bis man das repariert hat." 

"Dollar ist auch ein Pferd, wenn der jetzt keine BO machen würde …, da sieht man schon der läuft los mit Reiter obendrauf und der Brustkorb zieht einfach nach unten. Der latscht dann da vor sich hin. Und dann würde der Sattel nach vorne unten rutschen. 

Pferde mit einem tief stehenden Thorax haben auch „Rutschprobleme“ wenn dann noch ein Reiter dazu kommt, der von der Proportion her nicht passt, dann ist das natürlich schlecht.

Aber da kann ich die Probleme nicht mit meinem Handwerkszeug beheben. 

Und solche Pferde bekommen dann irgendwann einen Sehnenschaden oder irgendwas anderes."

"Ich versteh das total. Wer hört schon gerne, dass er eigentlich 10kg zu schwer für sein Pferd ist.

Und ich glaube als Sattler sagt man das auch nicht so gerne 😉"

"Es geht da nicht ums Gewicht, sondern eher um die Statik. Gerade bei großen Reitern mit kleinen Pferden ist häufig gar nicht das Gewicht das Problem." 

"Da kann man ja noch weniger dafür, es gibt ja Menschen, mit unheimlichen langen Beinen oder auch andersrum, kurze Beine und lange Oberkörper.

Ich hatte da für meine Körpergröße noch Glück. Ich bin zwar sehr klein, habe aber auch einen relativ kurzen Oberkörper im Vergleich zu meinen Beinen.



Dann ist die Frage:

Wie kriegt man den Sattel passend auf den Reiter? Das ist sicher auch nicht immer ganz einfach?"

"Das ist auch nicht einfach.

Das kann auch leider nicht jeder der einen Sattel verkauft. 


Ich habe bestimmte Voraussetzungen, unter denen ich eine Sattelanprobe mache. Wenn mir z.B. jemand sagt, er hat ein ganz kurzes Pony und ganz große Probleme, und das Pony ist besonders breit und der Kunde möchte nur Preis XY ausgeben - dann muss ich das leider ablehnen. Ich erkläre, dass dann natürlich auch, warum das in diesem Fall nicht geht.

Auch ein gutes Beispiel: Jemand ruft mich an und sagt er hat einen Spanier. Das ist eh schon schwierig. Es gibt ganz wenige Spanier, die einen guten Sattel haben. Denn Spanier haben einen ganz bestimmten Bewegungsablauf und wenn dann nur ein sehr kleines Budget vorhanden ist, wird es für mich schwierig.

Und ich möchte betonen, es geht hier nicht darum, dass ich nur teure Sättel verkaufen will, sondern ich möchte gerne am Ende des Tages zufrieden sein, mein Kunde soll zufrieden sein. Und das Pferd soll zufrieden sein. Und ich – also ich persönlich – kann diese Pferde nur in einem bestimmten Preisrahmen besatteln. Und wenn ich diese Möglichkeit nicht habe, dann fahre ich dort nicht hin.

Das hört beim Sattel nicht auf. Ich kann nicht jemanden einen teuren Sattel verkaufen und dann einen günstigen, aber unpassenden Gurt dazu geben. Das muss ebenfalls passen und da möchte ich nicht eingeschränkt sein." 

"Wie wichtig ist denn ein passender Gurt? Diese Frage kam übrigens gar nicht, aber ich schiebe das jetzt ein, weil ich habe ja von Anne gelernt: Der Gurt muss zum Sattel passen! Ich dachte ja, ach ich mach da einfach irgend einen Gurt dran – wird schon gehen… Sagt sie: „Ne ne ne, das machst du nicht, weil dann sitzt dir der Sattel ratzfatz auf der Schulter, in eurem Fall brauchst du einen Mondgurt“. Dann sind auch so Punkte, die man durchaus mal mit seinem Sattler besprechen können sollte."

"Ja der Gurt muss auch passen."

"Nächste Frage:

Ist es generell so, dass Keilkissen doof sind und dass man immer Bananenkissen nehmen sollte? Oder ist das Quatsch?"

"Das ist Quatsch. Die Form und die Art der Kissen wähle ich auf das Exterieur des Pferdes aus. Ein Keilkissen ist kein schlechtes Kissen, wenn der Sattel im gesamten zum Pferd passt. Und dann nehme ich auch ein Keilkissen. Es gibt auch Pferde, bei denen man kein  französisches Kissen, also Bananenkissen nehmen kann, weil das eben nicht passt. 


Das entscheidet dann der Sattler und der kann dir dann auch erklären, warum das so ist. 

Ein Keilkissen ist etwas wunderbares, weil ich da viele Möglichkeiten habe, es gibt auch ganz viele unterschiedliche Keilkissen. Das muss also nichts Schlimmes sein. Vorausgesetzt das passt in das Gesamtkonzept."

"Heißt, wenn der Sattel und das Kissen passt, ist die Form des Kissens egal?" 

"Genau. Ein Keilkissen an sich richtet keinen Schaden an, das funktioniert so wie es funktionieren soll."

"Eine weitere Frage: Es ist ja so, dass sich bei vielen der Dressursattel durchgesetzt hat. Wie ist das denn, wenn ich damit einen Wanderritt machen will von 2 oder 3 Stunden? Geht das, oder braucht man dann einen Wanderreitsattel?"

"Wenn man ab und zu mal einen längeren Ausritt machen will oder einen kleinen Wanderritt machen will, ist das kein Problem das mit einem passenden (!) Dressursattel zu machen.

Wenn du das aber öfter machen willst, dann würde ich dir empfehlen dir einen Wanderreitsattel mit einer breiteren Auflage zu anzuschaffen. Denn du sitzt viel länger im Sattel und ich habe dann die Möglichkeit über eine diese breite Auflagefläche das Gewicht über eine viel breitere Fläche zu verteilen, als mit einem Dressursattel.

Wenn du also 1-3x im Jahr einen kleine Wanderritt machen willst, ist das auch mit einem passenden Dressursattel kein Problem.

Wen du dann aber merkst, du hast da spaß dran und du gehst regelmäßig Wanderreiten, dann würde ich mir einen Wanderreitsattel kaufen.

Der Trend geht sowieso zum Zweitsattel 😉"

"Soso, der Trend geht zum Zweitsattel…. Na, das sag mal meinem Budget 😉"

"Deinen Sattel kann man für alles benutzen."

"Ja das ist auch ganz gut, weil das war die Prämisse, unter den wir den ausgesucht haben, denn ich möchte ein bisschen Dressur reiten, ein bisschen ausreiten, naja und generell halt ein bisschen reiten :-D

 

Möchtest du noch abschließende Tipps mitgeben, wo die Reiter drauf achten können, wenn sie jetzt vor ihrem Pferd mit Sattel stehen und sich fragen, passt das Ding eigentlich? Gibt es da bestimmte Kriterien an denen mal ablesen kann, dass man einen Sattler braucht?"

"Ja klar: 


Wenn du den Sattel gurtest, und dein Sattel ist zu weit, dann siehst du, dass der nach unten abtaucht.

Das sieht man auch an den Gurtstrippen. Wenn der Verlauf der Gurtstrippen nicht mehr optimal (senkrecht) ist, dann kann man das daran auch erkennen. 

Wenn der Sattel zu eng ist, steht er vorne weit hoch und der Schwerpunkt ist weiter hinten. Wobei man da im Hinterkopf behalten muss, dass es Sättel gibt, die von Haus aus schon einen etwas weiter nach hinten verlagerten Schwerpunkt haben, da soll das so. 


Wenn das Pferd sich meldet, sollte man auf jeden Fall schauen lassen. Wenn man ein sensibles Pferd hat ist das ein gutes Indiz. Allerdings gibt es auch jede Menge Pferde, die sich nicht melden, wenn etwas drückt."

"Davon kann ich auch ein Lied singen. Gerade Ponys sind ja oft hart im Nehmen. Ich will gar nicht wissen wie viele Kilometer mein erstes Pony mit einem unpassenden Sattel gelaufen ist. Als Kind konnte ich das nicht beurteilen. Da kam eine Sattelverkäuferin, hat den Sattel da draufgelegt, hat gesagt das passt und dann sind wir damit los. Heute weiß ich, der war viel zu lang, hat ne Brücke gebildet und und und…. Und das Pony lief einfach damit, ohne zu murren.

Also bitte nicht den Umkehrschluss machen, dass der Sattel auf jeden Fall passt nur weil das Pony nicht bockt 😉

Was ist eine Brückenbildung und kann man das als Reiter selbst erkennen, ob der Sattel eine Brücke macht?" 

"Ja das kann man selbst erkennen.



Brückenbildung heißt, dass der Sattel vorne und hinten aufliegt, in der Mitte aber nicht.

Wenn man den Sattel auflegt und dann leicht gurtet, kann man das selbst kontrollieren, ob der Sattel auch in der Mitte aufliegt.


Da muss man noch dazu sagen, dass sich hier immer die Frage stellt, ob der Sattelbaum zum Rücken des Pferdes passt. Es kann zum Beispiel sein, dass der Sattel optisch auf dem Pferd aufliegt. Aber der Schwung des Sattelbaums nicht (mehr) zum Schwung des Pferdes passt. Dann spricht man von einer echten Brückenbildung, denn der Baum drückt sich ja immer durch die Polster durch.


Der andere Fall ist der, dass es vielleicht optisch zu einer Brückenbildung kommt, der Baum aber trotzdem zum Schwung des Pferdes passt. Das passiert dann, wenn der Sattel vielleicht schon 2-3 Jahre nicht beim Sattler war und die Wolle sich aus der Mitte weggearbeitet hat. Das kann man dann einfach das Polster wieder herrichten und dann ist alles wieder gut."

"Ok, also wenn ich von Schräg unten unters Sattelblatt schaue und ich sehe da Licht durch Scheinen, dann ist es schonmal schlecht?"


"Ja"


"Und wie ist das mit einem Sattel, der einen flexiblen Baum hat? Darf da ohne Reiter eine Brücke zu sehen sein, oder auch nicht? "


"Das kommt auf den Sattel darauf an. Es gibt Sättel, die sind so flexibel, die sind in dem Zustand wo der Reiter nicht im Sattel sitzt, in ihrer Grundform. Solche Sättel liegen dann tatsächlich nur vorne und hinten auf, das ändert sich aber sofort, wenn der Reiter platzt nimmt."

 

"Ah, dann ist der Baum aber wirklich sehr flexibel, dann müsste man den Baum ja selbst auch leicht biegen können."

"Richtig.

 

Aber bei anderen Modellen wiederum, auch wenn die einen flexiblen Kunststoffbaum haben, die sollten komplett auf dem Pferd aufliegen. Alles andere ist nicht optimal."

"Ich habe einen flexiblen Kunstoffbaum. Also da sollte auch kein Licht durchscheinen? Auch nicht ohne Reiter?"

"Nein.

Der sollte selbst ohne Reiter schon schön aufliegen." 

"Was ich mir hieraus auch noch mitnehme ist, dass es auch noch enorm wichtig ist, dass der Baum zum Pferd passt.

Das kann ich natürlich als Laie schlecht beurteilen, weil ich natürlich den Baum im Sattel durch die Polsterung auch nicht sehen kann und nicht weiß, wie die gebaut sind. Das kann ich nur durch einen Profi beurteilen lassen, der so einen Baum schonmal „nackt“ gesehen hat.

Oder man muss dann, wenn man gar nicht mehr weiß, wem man vertrauen soll, eine Satteldruck-Analyse machen lassen. Zumindest als Plan B." 

"Das ist auf jeden Fall eine Option. Ich mag da z.B. sehr gerne die Thermografie. Wenn man dann nämlich auch den Reiter thermografiert, kann man sogar noch sehen welche Schiefe der Reiter mit sich bringt. 


Bei der Thermografie werden Pferd und Reiter vor und nach dem Ritt thermografiert, das wird dann miteinander verglichen. 


Mit dieser Methode kann man sehr präzise den Sattel anpassen. Und den Reiter kann man z.B. dann über ein Pad unterstützen, damit dieser den Sattel und das Pferd nicht schief reitet.  Die Schiefe des Reiters über den Sattel auszugleichen ist keine Option.


Allerdings brauchst du dann auch einen Sattler der das mit macht. 


Auch generell ist es immer toll, wenn man sich mit anderen Fachleuten, die das Pferd und ggf. seine Probleme schon länger kennt, wie zum Beispiel dem Osteopathen des Pferdes, austauschen kann."

"Mir fällt da gerade noch ne Frage ein:

Wie aussagekräftig ist das Schweißbild oder der Dreck auf der Schabracke?"

"Hmm, schwierig.

Wenn man ein flexibles Sattelmodell hat ist es zum Beispiel so, dass die Sättel hinten mehr mit der Bewegung des Pferdes mitgehen. Da ist es ganz normal, dass man dann im hinteren Bereich auch mehr Dreck oder Schweiß hat, das heißt aber nicht, dass der Sattel nicht gleichmäßig verteilt.

Also ich persönlich finde den Abdruck der Satteldecke kann man sich angucken, ist aber nicht unbedingt aussagekräftig, da kann man dann besser eine Thermografie machen."

"Das heißt auf der Satteldecke würde man vermutlich nur so ganz grobe Schnitzer sehen?"


"Genau. Wenn man einen ganz schlecht passenden Sattel hat, dann kann man das das auch am Schweißbild oder der Satteldecke sehen. Allerdings muss man dann auch wissen, was hat man für einen Sattel. Ein baumloser Sattel verteilt anders als ein Sattel mit Baum."


"Fazit des Ganzen ist also, man muss immer individuell gucken: Was will ich, was will das Pferd? Was wollen wir beide zusammen? Was mache ich mit meinem Pferd? Will ich Dressur reiten, will ich im Gelände unterwegs sein, wie oft und wieviel reite ich usw.

Fragen, die an mich gestellt werden, sind z.B. oft Allgemeines wie „sind baumlose Sättel schlecht“ Da ist meine Antwort dann immer: Kommt drauf an.

Willst du 1x die Woche für 30 Minuten im Schritt darauf sitzen ist das sicherlich überhaupt kein Problem damit zu reiten, reitest du aber im Gelände als passionierte Wanderreiterin täglich 80km, ist das eher schwierig mit einem baumlosen Sattel."

 

Das ist doch auch ein schönes Schlusswort. Insgesamt kann man sagen es gibt nicht nur schwarz und weiß, man muss immer individuell das Pferd-Reiter-Paar und seine Ziele berücksichtigen."


Damit wären wir am Ende dieses Interviews angekommen.

Du hast weitere Fragen?

Stell sie mir gerne via E-Mail, das kann ich dann beim nächsten Mal gerne mit einfließen lassen. 



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